Reputation in deutschen Unternehmen: Mehr Schein als Sein?

Reputation in deutschen Unternehmen: Mehr Schein als Sein?

Beatrix Ta

Beatrix Ta

Dr. Beatrix Ta ist Projektmanagerin in der Konzernkommunikation von news aktuell sowie Expertin für Content-Konzeption und -Produktion, die besonders gerne Schachtelsätze verschwinden lässt.

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Es ist verwunderlich: Obwohl Reputation für die deutschen Kommunikationsprofis sehr wichtig ist, wird der gute Unternehmensruf nur von einer Minderheit gemessen und strategisch geplant. Zu diesem Ergebnis kommt unseres aktuellen PR-Trendmonitor, bei dem mit Faktenkontor 350 PR-Schaffenden in Deutschland befragt haben. Wie groß ist die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit? Und woran liegt das?

Absolute Einigkeit herrscht über die herausragende Bedeutung einer guten Reputation für den Unternehmenserfolg. So ist der gute Ruf satten 97 Prozent der Befragten sehr wichtig (71 Prozent) oder wichtig (26 Prozent). Erstaunlich ist nun aber, dass sich zwischen hehren Ansprüchen und der Wirklichkeit ein großer Graben auftut. Viele Unternehmen gehen nur halbherzig oder sogar gar nicht an die Umsetzung heran: Denn nur etwas mehr als die Hälfte besitzt eine konkrete Strategie für den Aufbau einer positiven Reputation (55 Prozent). In jedem dritten Unternehmen wird in Sachen "Guter Ruf" überhaupt nichts strategisch aufgesetzt (31 Prozent). Und jeder zehnte Befragte weiß nicht mal, ob es im Unternehmen diesbezüglich überhaupt eine Strategie gibt. 

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird noch größer, wenn es darum geht, das eigene Ansehen in der Öffentlichkeit zu messen. Nur jedes dritte Unternehmen prüft regelmäßig, wie es um das Unternehmensimage steht (34 Prozent), über die Hälfte der Unternehmen misst hingegen die Entwicklung der Reputation nicht oder nur sporadisch (53 Prozent). Lauert hier eine große Gefahr?  Ein guter und vor allem nachhaltiger Ruf lässt sich nicht schnell per Knopfdruck herbeizaubern, sondern kann nur durch langfristiges und kontinuierliches Management aufgebaut und bewahrt werden. 

Warum also diese Diskrepanz? Ist das Thema zu schwammig beziehungsweise zu vielschichtig? Die Messung zu komplex? Gibt es zu wenig Rückenwind von der Geschäftsführung? Möglicherweise ist es eine Mischung aus allem. Denn augenscheinlich ist vielen Kommunikationsprofis in den Unternehmen durchaus klar, wie relevant und (überlebens-)wichtig das Thema ist. Aber sie haben nicht immer das notwendige Standing im Unternehmen bzw. die Überzeugungskraft gegenüber dem Management. Viele haben auch nicht die nötigen Ressourcen, um über das stressige Tagesgeschäft hinaus zu wirken. Es fehlt ihnen an Zeit und Manpower, professionelles Reputationsmanagement auf- und umzusetzen. Oft haben sie einfach auch das nötige Know-how nicht, bzw. keine Zeit und keine Unterstützung der Geschäftsführung, um es zu erwerben. 

Schließlich ist eine wirklich aussagekräftige Erfolgsmessung mitunter sehr aufwendig und teuer, denn dafür müssten alle Stakeholder kontinuierlich befragt werden – von der Kundschaft über die Öffentlichkeit, die Presse, die Politik bis hin zu den Mitarbeitenden. Aber selbst die umfassendste Datenerhebung und Auswertung bringt nichts, wenn sie ohne Strategie umgesetzt und nicht mit den Unternehmenszielen abgeglichen wird. Insofern ist Reputationsmanagement tatsächlich vielschichtig, komplex und arbeitsintensiv, aber es wäre noch mehr Arbeit einen verlorenen oder beschädigten Ruf wieder aufzubauen.