PR-Material Journalismus

PR-Material: Nicht als Journalismus tarnen

Mit Werbung kann er nichts anfangen - selbst, wenn sie vom Papst oder der Kanzlerin käme. Marco Bertolaso leitet die Abteilung "Zentrale Nachrichten" beim Radiosender Deutschlandfunk. Täglich filtern er und sein Team aus der Informationsflut die nachrichtenrelevanten Themen heraus. Dazu gehört auch: zahlreiche Unternehmensmeldungen sichten. Was ihn dabei am meisten stört: Wenn PR als Journalismus getarnt wird. In unserer Reihe „Wer liest eigentlich Pressemitteilungen?" fragen wir Journalisten nach ihrem Arbeitsalltag und wie gutes PR-Material aussehen sollte.

TREIBSTOFF: Würden Sie uns Ihren Arbeitsalltag in ein paar Sätzen beschreiben?

Marco Bertolaso DLF PR-Material
Marco Bertolaso, Deutschlandfunk

BERTOLASO: Mein persönlicher Arbeitsalltag hat viel mit Organisation zu tun. Es zählt aber die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen: Sie recherchieren, schreiben und präsentieren rund um die Uhr Nachrichten aus aller Welt und aus allen relevanten Themengebieten. Wir sind verantwortlich für mehr als 100 tägliche Sendungen in den Programmen Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova. Im Netz informieren wir unter www.dlf24.de.

TREIBSTOFF: Wie recherchieren Sie neue Themen?

BERTOLASO: Neue Themen finden wir nicht nur in Berichten von Nachrichtenagenturen und Korrespondenten. Wir lesen täglich deutsche und internationale Medien und Fachpublikationen. Wir beobachten die Themenentwicklung im Netz und in den sozialen Medien. Wir prüfen Anregungen unserer HörerInnen und NutzerInnen. Und natürlich bringt die Redaktion ihre vielfältigen eigenen Kenntnisse, Beobachtungen und unterschiedlichen Fachgebiete ein.

Journalisten brauchen Informationen, keine reine Werbung, haarsträubende Zuspitzungen, Verdrehungen oder Schönfärberei von Statistiken.Klicken, um zu posten

TREIBSTOFF: Wie muss Pressematerial aussehen, mit dem Sie etwas anfangen können?

BERTOLASO: Das hängt alles von der Definition von PR ab. Reine Werbung für irgendetwas brauchen wir nicht – von niemandem, nicht von einer PR-Agentur, aber auch nicht von der Bundesregierung und der EU-Kommission, nicht von Greenpeace oder vom Papst. Was wir gebrauchen können sind Informationen zu relevanten Themen. Wenn es zum Beispiel um Fragen des Straßen- und Schienenverkehrs geht, dann interessieren uns neben den Stellungnahmen aus der Politik auch die von Umweltschutzverbänden, der Bahn und des Automobilverbandes.

TREIBSTOFF: Welche Fehler machen Absender von Pressematerial immer wieder?

BERTOLASO: Wir brauchen Informationen, wir bekommen aber oft reine Werbung, haarsträubende Zuspitzungen, Verdrehungen, Schönfärberei von Statistiken und so fort. Oft wird versucht, PR als Journalismus zu tarnen. Mag sein, dass einige Redaktionen das als einfach zu verarbeitendes Material dankbar übernehmen. Wir finden, das war nie gut und in Zeiten gesellschaftlichen Zweifels an den Medien ist es überdies brandgefährlich.